Wie bringt man Energieeffizienz in ein Bauvorhaben?
In Zeiten steigender Energiekosten und großer Leerstände im Immobilienmarkt sind geringe Betriebskosten eine entscheidende Zukunftsinvestition und ein überzeugendes Vermietungsargument. Der ab 2006 vorgeschriebene Energiepass für sämtliche Immobilien macht diese Energieeffizienz dann auch für den Mieter transparent.
Dem steht gegenüber, dass Versäumnisse beim energieeffizienten Planen und Bauen später nicht mehr oder nur mit hohem Aufwand zu korrigieren sind und zu dem über die jahrzehntelange Nutzung des Gebäudes zu hohen Betriebskosten führen.
Die Anfangsentscheidungen wie Form, Orientierung und Konstruktion des zu planenden Gebäudes sind bereits maßgebend für den zukünftigen Energieverbrauch. Nur wenn schon in dieser Konzeptionsphase eine integrale Planung erfolgt, sind echte Synergieeffekte möglich und somit später nutzbar. Ein zeitgleicher Zusammenschluss von Projektsteueren, Energieberatern, Architekten, Tragwerksplanern, Ingenieuren der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA), Nutzern und den ausführenden Firmen liegt daher im ureigensten Interesse des Bauherrn und sollte von ihm eingefordert werden. In vielen Fällen sind diese Maßnahmen ohne Mehrkosten möglich bzw. amortisieren sich nach kurzer Zeit.
Das Aufgabenfeld für den Energiebeauftragten oder Controller
In größeren und komplexeren Bauprojekten ist es oft sinnvoll, eine Person als Energiebeauftragten oder Energie-Controller einzusetzen. Dessen Aufgaben bestehen darin, den Planungsprozess unter Energiegesichtspunkten zu begleiten und dabei die energetischen Eigenschaften des gesamten Gebäudes im Auge zu haben, in allen Planungsschritten energierelevante Anforderungen zu vertreten, die Fachplaner in Energiefragen zu beraten, die energetischen Auswirkungen der Planung in ihren Varianten zu prüfen und zu berechnen, sowie Anregungen zur energetischen Optimierung zu geben.
Die Stellung des Energieberaters in einer Projektorganisation
Für eine erfolgreiche integrale Planung ist es hilfreich, auch die Rollenverteilung und Funktionen der am Planungsprozess Beteiligten zu beachten.
An sich ist der Energieberater ein spezialisierter Fachplaner, welcher aber wie ein Architekt ganzheitlich den Planungsprozess betreut. Der Energieberater steht in keinem Vertragsverhältnis zu anderen Projektbeteiligten außer dem Bauherrn. Er vertritt als Treuhänder seine Interessen. Er hat infolgedessen keine Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Projektbeteiligten, außer wenn der Bauherr ihn ausdrücklich bevollmächtigt.
Die Position des Energieberaters in einem Planungsablaufes befindet sich deshalb auf Seiten des Bauherrn und seines Projektsteueres. Er vertritt die Bauherreninteressen an zukünftig geringen Betriebskosten unter Abwägung mit den Investitionskosten.
1.0 Das Leistungsbild einer Energieberatung im Planungsprozess
1.1 Analyse des IST- Zustandes ( bei bestehenden Gebäuden - SANIERUNG )
Der erste Schritt der Planung einer Sanierung oder des Umbaus eines bestehenden Gebäudes ist die Analyse des aktuellen Zustandes. Eine erste Einschätzung kann anhand der jährlichen Verbrauchskennwerte, bezogen auf die Gebäudenutzung, erfolgen. Mit Bezugswerten, die der VDI 3807-2 entnommen werden können, lässt sich ein Vergleich mit Gebäuden gleicher Nutzungsart anstellen. Dies liefert eine grobe Information, ob der Energieverbrauch des Gebäude für die Nutzungsart hoch oder niedrig liegt, also ob eine Energieanalyse besonders dringlich ist. Keine Information liefert diese Betrachtung darüber, welche Verbraucher den Energieverbrauch dominieren und wo Einsparpotentiale zu erwarten sind. Daher ist zusätzlich eine detailliertere Analyse zu empfehlen, die sowohl eine Identifizierung der Verbraucher, als auch von Einsparpotentialen erlaubt.
1.2 Definition der Ziele und Anforderungen
Voraussetzung für ein erfolgreiches Bauprojekt ist es, dass zu Beginn die Vorgaben und Ziele des Projektes präzise festgelegt werden. Dabei sollen nach Möglichkeit die Ziele unabhängig vom Lösungsweg beschrieben werden, damit die Planungsfreiheit nicht unnötig eingeschränkt wird und mögliche gute Lösungen nicht bereits von Anfang an ausgeschlossen werden. Energetisch besonders relevant ist die vorgesehene Nutzung des Gebäudes und die damit eng verbundenen Anforderungen an das Innenklima und die Beleuchtung. Je präziser die Nutzungsanforderungen definiert sind, umso eher sind maßgeschneiderte Lösungen möglich, die Anforderungen bei minimalem Energiebedarf optimal erfüllen. Als direkte energetische Zielvorgabe eignet sich ein auf die Nutzungsart bezogener energetischer Standard, wie er im LEE 'Leitfaden Elektrische Energie im Hochbau' in Form von Grenz- und Zielwerten für Energiekennwerte definiert ist. Wichtig ist bei der Wahl der Vorgaben für die Planung, dass diese das Lösungsspektrum nicht weiter einschränken als zwingend notwendig. Wenn ein Architekturwettbewerb vorgesehen ist, bietet es sich an, die energetischen Ziele bereits in die Auslobung aufzunehmen und in der Bewertung der eingereichten Beiträge zu berücksichtigen. Dazu ist es sinnvoll, wenn der Jury oder der Vorprüfung entsprechende Fachleute angehören oder als Berater zur Seite stehen.
1.3 Lösungsansätze in der Vorplanung
Ausgehend von den Anforderungen und Zielen werden Lösungsvarianten entwickelt. Jede Variante wird in ihren baulichen Konsequenzen vorgeplant, die notwendigen technischen Anlagen werden vorausgelegt. In dieser Planungsphase entscheidet sich, ob die Gesamt-Optimierung des Gebäudes gelingt, denn hier wird die Grundlage für das Zusammenwirken von Baukörper und Gebäudetechnik bestimmt. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass bei der Festlegung und Entwicklung von Planungsvarianten neben den Architekten und dem Energieberater, Bauingenieuren und Bauphysikern auch die Fachingenieure für Licht, Lüftung/Klima, usw. im Planungsteam vertreten sind. Zusammen mit den folgenden Schritten der Bewertung sowie der Auswahl und Entscheidung, bildet die Variantenvorplanung die zentrale Schleife bei der Planung eines optimierten Gebäudes. Diese wird nach Bedarf in mehreren Zyklen durchlaufen, wobei meist einzelne Varianten als weniger geeignet herausfallen, und der Grad der Detaillierung steigt, bis eine favorisierte Variante gefunden ist.
1.4 Bilanzierung und Bewertung
Sobald Planungsvarianten gewählt, ausreichend präzise beschrieben und mit Zahlen auf der Vorplanungsebene versehen sind, kann ein Vergleich mit den Projektzielen und eine Bewertung anhand der vorgegebenen Kriterien erfolgen. Als Bewertungsgrößen werden hierzu Energiekennwerte gebildet und nach Bedarf genauere Verfahren wie thermische Gebäude- und Anlagensimulation, Tageslichtberechnungen, usw. angewendet. Neben den Energiekennwerten sind als Kriterien der Bewertung beispielsweise Informationen über die zu erwartende thermische Behaglichkeit oder die Beleuchtung von Interesse.
1.5 Optimierung
Die Optimierung erfolgt im Wesentlichen zyklisch. Nachdem eine oder mehrere Lösungsvarianten gefunden sind, auf ihre Realisierbarkeit geprüft und grob dimensioniert worden sind, wird in der Bewertung jede Variante anhand der vorher definierten Ziele und Bewertungskriterien daraufhin überprüft, in wieweit die Vorgaben erfüllt sind. Aufgrund dieser Prüfung wird entschieden, ob einzelne Lösungsvarianten als ungeeignet aussortiert werden oder aber verbessert und dann erneut überprüft werden sollen. Wenn eine Variante als geeignete und beste Lösung für die Vorgaben festgestellt ist, wird die Detailplanung, eingeschränkt auf den ausgewählten Ansatz, begonnen. In einzelnen Fällen kann sich im Optimierungsprozess ergeben, dass eine Zielvorgabe oder bestimmte Kombination von Zielen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erreichbar ist.
In solchen Fällen muss der Prozess mit einer Überprüfung der Planungsziele neu begonnen werden. Dies bedeutet meist Zeitverlust und soll vermieden werden, beispielsweise indem die Planungsziele sich auf das Wesentliche beschränken.
1.6 Detailplanung und Ausführung
In der Ausführungsplanung geht es darum, den in der Vorplanung festgelegten optimierten Lösungsansatz in konkrete technische und bauliche Detaillösungen umzusetzen. Hier kommt es auf die Sorgfalt der Planung und die Abstimmung der Fachplaner untereinander an. Die Konzepte sollten zu diesem Zeitpunkt nur in Ausnahmefällen noch geändert werden, denn dies ist in der Regel mit zusätzlichem zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden. In der Ausführungsphase sollte die Planung so weit ausgereift sein, dass keine wesentlichen Veränderungen mehr notwendig sind. Wichtig ist hier, durch eine gute Bauleitung und Bauüberwachung die Umsetzung der Planungsvorgaben und eine hohe Ausführungsqualität auch unter dem Energieaspekt sicherzustellen. Eine Blower Door- oder Thermographiemessungen können zur Ergebnis und Fehlerkontrolle herangezogen werden.
1.8 Betriebsphase
Zu Beginn der Betriebsphase wird für das Bauvorhaben ein Energiepass erstellt. Dieser dient als Nachweis über die energetischen Eigenschaften eines Gebäudes. Mit dem Gebäude-Energiepass wird jeder Bauherr wissen, wie gut oder schlecht sein Haus wärmegedämmt ist, wie hoch die Energieverluste seiner Heizanlage sind, wie groß der CO2-Ausstoß ist und wie viel Energie sein Haus verbraucht. Ab 2006 wird dieser Pass für alle beheizten Gebäude Pflicht werden und soll dann jedem Miet- oder Kaufvertrag beiliegen. Das Erstellen von Anleitungen zu effektiven Nutzerverhalten stellt einen wichtigen Beitrag zur langfristigen effizienten Nutzung des Gebäudes dar. Ebenso die Überwachung und Betreuung von Regelungs- und Steuerungskonzepten bei bedarfsorientierter Raumregelung.